Impressionen zur Deutschen Meisterschaft im Sommerbiathlon 2019

2019 DM Sonnenburg
Sommerbiathlon

Kathrin Achilles wurde mehrfach angesprochen, über die Erlebnisse zu den Deutschen Meisterschaften im Sommerbiathlon KK-Gewehr  vom 30.08. bis 01.09.2019 zu berichten. Sie kam zu mir und fragte: „Was soll ich denn erzählen? Ich war mit mir beschäftigt.“ Also übernehme ich als ihr Betreuer diese Arbeit. Gemäß der Sportordnung des DSB gehört der Sommerbiathlon als Disziplin dazu, auch wenn es vielen Schützen scheinbar nicht bekannt ist. 
Dr. Braatz, im Orientierungslauf zu Hause, wurde vom Brandenburger Schützenverband gebeten, als Referent die Disziplin Target Sprint und Sommerbiathlon im BSB aufzubauen. Eine großartige Sache der gemeinsamen Auffassung. So nahm der MCK e.V.  alsfremder, nicht im Schützenbund organisierter Verein den Kontakt zu ihm auf, besuchte Trainingseinheiten und Wettkämpfe 2019. Es konnte nicht geahnt werden, dass Kathrin Achilles sich hier für die Deutsche Meisterschaft qualifizierte. Der MCK e.V. kümmerte sich um andere Dinge. Also entsendete sich Kathrin selbst als Vertreterin ihres Schützenvereins „Hönow e.V.“. Es ergab sich, dass der Brandenburger Schützenverband eine Delegation für die Qualifikation zur Deutschen Meisterschaft in geforderter Mindestteilnehmerzahl aufstellen konnte.
Der Austragungsort war Sonnenburg. Ein Skigebiet im Oberharz mit weitläufigen Pisten, gut ausgebauten und modernen Biathlon-Schießanlagen in freier Natur. Damit kam auch das Entsetzen. Wenn jemand mal live die Zerstörung unseres Lebensraumes, dem Wald, als grüne Lunge, erleben möchte, dann fährt er in den Harz. Der Wald sah dort schlimmer aus als 1989 in Oberwiesental und der Sächsischen Schweiz. Einheimische und eigene Recherchen stellen fest, dass das Sterben und dessen Ursachen seit den 80 iger Jahren bekannt sind. Vermutlich ist man mit Studien, Kommissionsbildungen und Schuldzuweisungen voll ausgelastet, sodass niemand da ist, der arbeitet, geschweige denn praktische Aufforstung betreibt. Unzählige Menschen sitzen in der Sonne in „Hüttengaudi-Schnellabfertigungs-Mitropa`s“ um Aussichtsplattformen herum. Der grässliche Anblick scheint Niemandem etwas auszumachen-Hauptsache alle haben Spaß. Dieser Eindruck umfasst den äußeren Rahmen.
Was geschah während der Deutschen Meisterschaft?
Am Freitag, dem ersten Tag der Deutschen Meisterschaft, fand gegen Mittag ein Training für alle Teilnehmer statt. Die Deutsche Meisterschaft startete nachmittags mit den Staffeln. Immer drei Starter eines Landes traten als Staffel gemeinsam an. Da die Brandenburger Delegation keine dritte Dame hatte, fiel für die beiden Frauen der Staffellauf aus. Was allerdings für uns als Neulinge sehr positiv war. In Ruhe konnte das Prozedere studiert werden. Es gibt doch starke Unterschiede innerhalb der Disziplinen lt. Sportordnung.
Eindrücke
Wie auch sonst bekannt, wurden vor dem Wettkampf alle Waffen inspiziert. Dann allerdings etwas gewöhnungsdürftig: Die Waffen mussten in der „Schweigezone“ quer zur Feuerlinie in einer Reihe von beiden Seiten in Regale abgestellt werden. Egal, welcher Wettkampf durchgeführt wurde und wann du dran warst. Vom Start bis Ende der Deutschen Meisterschaft verblieben die Waffen im Ständer. Kann sich einer vorstellen, dass nach zwei Stunden schon genau hingesehen werden muss, welche der rund 300 Waffen deine war?
Die Kontrolle
Ein bestimmtes Abzugsgewicht muss nachgewiesen werden, die Visierung wird geprüft und das Gewicht der Waffe. Das Einzellader-KK-Gewehr von Kathrin bestand mit einem gewissen Mitleid die Prüfung. Es begann das Einschießen als Training, die Scheibe zu treffen. Die Wettkämpfer machten eine gute Figur. Ein bisschen komisch waren die Betreuer, Trainer bzw. Coachs. Argwöhnisch musterten diese jeden Teilnehmer, speziell wenn Unbekannte dabei waren und Kathrin war eine. Man will ja wissen, ob diese zur Konkurrenz werden. Schließlich geht es um den Sieg-koste es, was es wolle.
Mitten drin
Am Schießstand und dem Lauf-Parkour waren beidseitig der Wettkampfstrecke Zuschauer, Angehörige, Freunde der Teilnehmer, Betreuer und, nennen wir sie „Fan-Fanatiker“ verteilt.
Ich glaube so mancher am Rande würde sich schämen, sähe bzw. hörte er sich im Film. Es wurde schon mal mancher Wettkämpfer angebrüllt, und zwar nicht sehr höflich. Nur das eigene Team zählt. Hier bewährt sich ein dickes Fell und schlechte Ohren, sowie eigenes gutes Benehmen. Ganz ehrlich, solch eine Diffamierung einiger Zuschauer gegen die Athleten/in haben wir selten erlebt. Die positiven Zuschauer waren zwar in der Mehrzahl, aber unterlegen, da nicht stimmgewaltig.
Es geht auch anders
Mitleidig wurde Kathrins Einzellader beäugt, nachgemessen und belächelt. Kathrin kämpfte gerade mit dem Versuch, möglichst schnell die Scheibe zu treffen, trotzdem waren die Mehrlader deutlich schneller. Beim Abstellen des Gewehrs klopfte ihr eine „Konkurrentin“ aus Schleswig-Holstein auf den Rücken und fragte, was für ein Gewehr sie denn da hätte. Ich bekam es mit der Angst. Kathrin bot einen Anblick wie kurz vom Explodieren. Durch die äußeren Umstände gestresst, lud sie innerlich durch, um eine entsprechende Antwort auf eine so dämliche Anspielung zu geben. Die „Konkurrentin“ jedoch bot ihr ein Ersatzgewehr mit den Worten an: „Ich fände es unfair, mit einem Einzellader gegen Mehrschuss-KK-Spezialgewehre anzutreten“. Und ergänzte noch scherzhaft: “Blöd natürlich, wenn du mich jetzt überholst.“ Angesichts der läuferischen Leistung bestand durchaus die Möglichkeit dazu. Kathrin testete die ersten Probeschüsse und war begeistert. Ein Handwerker, der die Wahl zwischen Amateur- und Profiwerkzeug bekommt, wird das sicher verstehen. Nach sorgfältigem Abwägen aller Für und Wider wurde mit der fremden Waffe angetreten. Ich hatte den Eindruck, dass sich daraus eine Freundschaft zwischen den Frauen aus Schleswig-Holstein und Hoppegarten entwickeln könnte. Am 2. Wettkampftag fanden die Massenstartwettkämpfe statt. Die Wettkämpferinnen einer Wettkampfklasse wurden in Wellen auf die Piste geschickt. 1km Geländelauf-liegend schießen-1km Geländelauf-liegend schießen-1km Geländelauf-stehend schießen-1km Geländelauf-stehend schießen-1km Geländelauf: 5 Kilometer Laufen insgesamt. Für jeden Fehlschuss eine Strafrunde von 70m (macht bei 5 Fehltreffern immerhin eine stolze Länge von 350m aus). Die Tücken liegen im Detail. Das Laufen war für Kathrin nicht das Problem, aber es fehlte die Routine des Schießens. Die Aufregung sorgte dafür, dass eine Patrone im Magazin blieb, während sie schon wieder loslief, um die Waffe im Waffenständer abzustellen. Zu Recht folgte die Disqualifikation. Und nun kam die zweite Überraschung.
Die Damen ihrer Wettkampfklasse trösteten, dass dieser Fehler ihnen auch schon passiert ist (selbstverständlich kann das Keiner verstehen, wie man so dumm sein kann) und fragten ängstlich nach, ob sie denn trotzdem am Sonntag zum Sprintwettkampf antrete. Natürlich war sie enttäuscht, aber aus Fehlern lernt man und Aufgeben ist nicht unser Stil. Das Problem bestand für die Damen: Wenn Kathrin sich zurückgezogen hätte, wäre die ganze Klasse gezwungen gewesen, in der jüngeren Damenklasse anzutreten, um deutscher Meister werden zu können. Und-ganz ehrlich-die jungen Damen und Herren legten bewundernswerte Leistungen hin, sowohl läuferisch als auch schießtechnisch. Es war auch ein optischer Genuss, sie während des Wettkampfes zu sehen. Wer da als „alte Dame“ vom Sieg träumt, sollte eine Therapie beginnen.
3. Wettkampftag und damit der Sprint-Wettbewerb
Diesmal wurden insgesamt nur 3 km gelaufen (dafür aber sehr, sehr schnell), einmal liegend, einmal stehend geschossen (wieder 70m Strafrunden bei Fehlschüssen). Am Start plauderte man in der Warteschlange noch ein wenig freundschaftlich miteinander und eine Teilnehmerin schilderte, sie musste mal eine Runde mehr um den Waffenständer laufen, da sie an ihrer Waffe im Waffenständer vorbeigelaufen war. Alle Teilnehmer haben eine festgelegte Position im Waffenständer. Wird umgedreht und zurückgelaufen: Disqualifikation. Bei insgesamt ca. 300 Teilnehmern ist das eine beachtlich lange Reihe. Auch Kathrin schmunzelte noch, wie so was überhaupt passieren kann – und – lief im eigenen Lauf super gut und zur Freude aller Zuschauer und Kampfrichter an ihrer Waffe vorbei. Trainingsmethodisch ist die Tatsache allgemein bekannt (bei ausgebildeten ÜL), dass zuerst die Konzentration darunter leidet, wenn die Ausdauer nachlässt. Beim Schießen keinen Fehler machen, die Waffe beim Rennen am Lauf anfassen, Lauf nach oben gerichtet, Schaft nicht greifen, Magazin erst an der Scheibe laden, nach Beenden des Schießens wieder entladen, Sprechverbot in der Schweigezone, keinen Mitläufer behindern,…- dann tapst man schon mal ins nächste Fetttöpfchen.
Wir freuten uns bei der Siegerehrung, dass es der sportlich außerordentlich fairen „Konkurrentin“ gelang, durch ihre Leistung den 3. Platz zu erreichen.
Aussicht
Jetzt wissen wir, wie Sommerbiathlon geschrieben wird. Es werden erste Trainingspläne für das Winterhalbjahr ausgearbeitet und wir freuen uns auf 2020.
Übrigens, der Vorteil beim Sommerbiathlon besteht darin, dass man keine 10 km laufen muss oder wie man oft hört: „Das war aber eine schlechte Zehn“ schießen können muss. Es muss halt nur die Klappe fallen, na, und das kann doch Jeder.

Autor: W. Achilles